Der Drache sucht ein Nest

Ein sonniger Tag war es gewesen, die Nacht brach herein. Irgendetwas hatte Nesu doch geplant? Nachdem er die Mittagsstunden mit dem Versuch verbracht hatte, über die Stadt zu fliegen und Felder in Brand zu stecken, wovon ihm - zumindest in seiner Erinnerung - beides gelungen war, fiel es ihm wie Schuppen von den Flügeln: Er brauchte ein Nest!
Dann wiederum sah er in einem See, dass er doch weniger wie ein Drache aussah. Etwas enttäuscht machte er sich auf den Rückweg in die Stadt, um seine Gedanken zu sammeln.

Jetzt, da die Dunkelheit ihr feines Geflecht über die Welt legt und die Magie deutlicher wird, weil die Sonne nicht die Sicht trübt, jetzt begibt sich Nesu zu den Gebäuden der Stadtherren. Er hatte kein Problem, sich zurechtzufinden. Schließlich war er schon einige Zeit in der Stadt und konnte sich im Dunkeln an den Magiezentren derselben orientieren. Zur Gemeinschaft der ausgeschalteten Sonne. Nun, wieso eigentlich nicht?
Er wollte Teil werden, doch was sollte ich sagen?
RAAAWRG? Nun, vielleicht nicht aussagekräftig genug... Ich sollte den Drachen vielleicht für eine Weile unterdrücken.
Also... Was kann ich eigentlich? Ich kann Feuer spucken... Nein, Blödsinn, ich kann mich der Feuermagie bedienen, ziemlich gut sogar.
Und ein wenig mit der dynamischen Magie umgehen, der der Winde. Schleichen und Leute in der Wildnis finden kann ich für mein Alter relativ gut.
Aber hauptsächlich binde ich die verschiedenen Magiearten in Holz, wenn ich Lust habe, entziehe ich auch noch manchen Edelsteinen ihre Magie, um die Hölzer noch effektiver zu machen.
Ob das ausreicht? Nunja... das werde ich sehen. Aber Tatsache ist, dass ich etwas Gesellschaft vertragen könnte. Wieso es also nicht versuchen?

Ich bin ein Anhänger Kordans und habe hier in Yath d'Oloth ein Heim gefunden. Ich werde mein Bestes geben.

Plötzlich fiel ihm auf, dass sein Selbstgespräch keines war. In Gedanken versunken hatte er sein Ziel schon erreicht, bevor er anfing, über seine Qualitäten zu sinnieren, respektive zu sprechen. So hatte er den Monolog allen Anwesenden laut vorgetragen und schaute deshalb etwas pikiert ob seiner Torheit. Dann fiel ihm ein, dass ihm das herzlichst egal sein konnte, denn schließlich war er Anhänger Kordans und damit nicht unbedingt für stringentes oder konformes Verhalten bekannt. Also versuchte er, sich zu retten, indem er ein irres Grinsen auflegte und hinterherschob:

"Das zumindest hatte ich mir so weit gedacht. Mich persönlich hat das überzeugt, wie ich finde. Lasst mich doch wissen, wie über mich entschieden wird. Sollten noch Information von mir verlangt sein, so sprecht mich an, ich bin noch in der Stadt oder in der Luft..."

Mit einem grotesken Lachen, das allerdings etwas zu tieftönig und nachhallend für einen gewöhnlichen Halbelfen war, machte er Anstalten, sich wieder zu entfernen, noch zögernd, ob man ihn nicht gleich zurückrufen und etwas fragen wollte.

Wenig blieb dem Hohepriester verborgen von dem was in den Hallen des Tempels vor sich ging. Schier unmöglich war es das die Nachricht über den scheinbar Wahnsinnigen ihn nicht erreichen würde.
Ein Magier, ein Kordanjünger... Beides Eigenschaften die den fremden interessant machten, jedoch auch gefährlich. Verrat und Täuschung sind gepaart mit der Gabe Kordans selbst für Verbündete oftmals bedrohlich wenn nicht gar tödlich.
Der Magier soll wie Zreniax berichtet wurde in der Lage sein Hölzern die magische Energie von Edelsteinen verleihen zu können, eine Eigenart die nicht sehr verbreitet war und die der Rotte sowie der Zunft dienlich wäre. Thraldin Frosthammer könnten ihre militärische Macht steigern und so die dunkle Stadt besser gegen Feinde Verteidigen, Arithon könnte lernen und dieses Wissen seinen Mitgliedern beibringen, vielleicht wäre er selbst in der Lage das Wissen auf andere Gebiete zu übertragen...?

Aber der Charakter des Fremden schien den Erzählungen nach gespalten. Abwesend richtet er das Wort an sich selbst, sein Umfeld entweder ignorierend oder jedoch einfach vergessend. Ein Jünger des Feuers kann mächtig sein, aber es ist genauso möglich das er auf einer Jagd am Lagerfeuer sitzt umgeben nur von den verrußten Leichen seiner ehemaligen Gefährten und sich weiter mit ihnen unterhält.

Der mögliche Nutzen des Magiers war jedoch grösser als die Gefahr das die Tenebrae nicht in der Lage war ihn zu kontrollieren. Der dunkle Priester entschloss sich zwei Diener auszusenden, einen der Maresa informierte das ein Magier um die Aufnahme in die Gemeinschaft bittet und ihr auch nahe legt das es besser wäre wenn er mit ihm redet, da ihre Abneigung was magisches angeht Auswirkungen auf den unverkohlten Zustand der Stadt haben würde. Den andere beauftragte er mit der Suche nach dem fremden, mit der Information das der Hohepriester in zu einer Unterredung lädt, ohne Mittel um die magischen Energien zu kanalisieren oder anderen Gegenstände die als Waffen verwertbar sind.

Es würde ein anstrengendes Gespräch werden, welches entweder eine Gefahr für die Stadt, die Gilde und ihren Vorhaben ausmerzen wird oder aber die Gemeinschaft der Dunkelheit weiter stärken könnte.

Der Bote erreichte ihn, als er gedankenverloren in der Werkstatt einige Pyrite anstarrte. Vor seiner Zeit als Kordanjünger wunderte er sich immer, weshalb man ausgerechnet Katzengold, unter welchem Namen er es als Kind kennengelernt hatte, in die Stäbe einarbeiten sollte. Persönlich hätte er normales Gold präferiert. Allerdings konnte er nun sehen, wie die Magie sich wand, sah er dort etwa eine Katze in dem Stein? Unsinn, schalt er sich, auch wenn er nicht ganz ein Lächeln unterdrücken konnte.

Nun, in den Tempel also? Ein Hohepriester, interessant. Tatsächlich hatte er noch nicht von ihm gehört, er war nur kurz im Tempel gewesen, mit durchschlagendem Erfolg.
Nesu machte sich auf den Weg. Er ließ sich Zeit, um seine Gedanken zu sammeln. Die Katzen gingen ihm nicht aus dem Kopf, ob Drachen wohl Jagd auf Katzen machen? Er sollte sich eine Katze zulegen und schauen, wie der Drache in ihm reagieren würde.
Ich sollte mich beim Gespräch mit dem Hohepriester lieber konzentrieren, zu viel Drache kann nicht gut sein. Vielleicht vor dem Gespräch einmal kurz?

Bewusst wurde ihm erst im Tempel, was er getan hatte. Auf halbem Weg fing Nesu an zu rennen und wirbelte seine Arme wild, als wären sie Flügel. Die Leute um ihm herum waren ihm egal, es zog ihn zum Tempel. Dort angelangt, lief er hinein und stellte sich vor die Kordanstatue, wo er den Mund weit aufriss, brüllte und dann würgte, um auf den Boden zu spucken.

Jetzt schaute er sich um, wer alles gesehen hatte, was er versucht hatte. Ohne Scham zu fühlen, machte er sich auf den Weg zum Hohepriester. Wofür schämen? Dafür, dass Kordan ihm diese Gabe gewährt hatte? Wohl kaum. Immerhin, dachte er, kann ich noch nicht wirklich Feuer spucken, mein Speichel eignet sich nicht unbedingt zum Entzünden von Holz oder Fleisch. Er fühlte die Enttäuschung des Drachen. Schulterzuckend ging er die letzten Schritte.

Er sah den Hohepriester. Nun konzentrier dich, sagte er sich.

"Guten Tag, ich bin Nesu, Ihr hattet nach mir geschickt?" War er vielleicht unhöflich? Möglicherweise, aber woher sollte er wissen, wie man mit einem Geistlichen zu sprechen hat?
"Verzeiht meine Manieren, ich habe noch nie mit einem Priester gesprochen."
Eine kurze Pause.
"Nun, ich schätze, Ihr wolltet mich wegen meines Gesuches zum Beitritt zur Solaris Eclipsis sprechen?"

Etwas nervös ließ er seinen Blick durch den Raum gleiten. Kordan, gib mir Kraft, dachte er bei sich. Hörte er dort ein Lachen? Unwillkürlich blickte er zu Kordans Statue. Sicherlich nur eine Wahnvorstellung. Er wandte sich wieder dem Hohepriester zu, welchen er nun zum ersten Mal genauer musterte. Er sah die typische Magie eines Menschen durchmischt mit einigen Wirbeln, die er sonst nur aus dem Tempel kannte. Er war ein Priester durch und durch.
Plötzlich fiel ihm auf, dass es aussehen musste, als würde er durch den Priester hindurchstarren, den Blick in die Ferne gerichtet. Er fing sich wieder und schaute dem Priester nun in die Augen, gespannt auf seine Reaktion.

Vor ihm stand ein Mann vielleicht Anfang bis Mitte 20, seine Ohren waren leicht spitz, jedoch nicht die eines Elfen, der Halbelf starrte ihn nun phlekmatisch anstarrte. Ein Wunder das er genug Körperbeherrschung aufbrachte damit ihm der Speichel nicht aus dem Mund läuft.
Zreniax welcher die schwarze Robe, welche mit Silberfäden durchzogen war, des Hohepriesters trug schaute verwirrt den Halbelfen an. Wie sollte er mit einer solchen Person reden welche ihre Gemütszustände von nahezu hysterisch und aufgeregt zu ruhig und beinahe komatös innerhalb weniger Augenblicke ändert?

"Auch wenn ihr mit Kordans Geschenk gesegnet zu sein scheint versucht mir zu folgen. Ihr befindet euch in geheiligten Hallen, gegenüber von einem Ratsmitglied der Tenebrae. Macht euch der Situation bewusst das nicht viele sterbliche Wesen die Ehre haben eine solche Unterredung führen zu dürfen.

Mir wurde zugetragen das ihr euch unserer Gemeinschaft anschließen wollt, jedoch hattet ihr bisher kaum Kontakt zu einem Mitglied. Seid ihr euch sicher das ihr die Konsequenzen dieser Entscheidung recht bedacht habt?"

Zreniax sprach langsam und mit tiefer Stimmer während er den Fremden der immer wieder zur Statue Kordans schielte betrachtete.

"Was erhofft ihr euch von einer Integration in die Gemeinschaft?"

fuhr er fort.

"Was ist es was ihr uns zu bieten habt? Eine Gemeinschaft wie die unsere lebt davon das sich jedes Mitglied einbringt, das jeder seinen Brüder und Schwestern unterstützt. Kennt ihr überhaupt die Strukturen die wir haben? Ist es euch bewusst das wir 3 Orden haben welche je nach Fähigkeiten und Absichten des Individuums sich um seinen Fortschritt bei seinem Weg unterstützen?"


Der Hohepriester hielt inne, bevor er sich aufgrund der vermuteten Unwissenheit seines Gegenübers, in Rage redete.
Mit einem verändertem Tonfall wechselte er das Thema...

"Sagt bevor ihr auf meine Fragen antwortet, wer seid ihr überhaupt? Wie ist euer Name?"

Etwas verdutzt schaute Nesu drein, als er erneut nach seinem Namen gefragt wurde. Zuvor hatte er schweigend zugehört und dachte ganz bei sich, dass er das vielleicht hätte erwähnen sollen, als er das erste Mal vorsprach. Er wusste, dass er nach seinem Ausbruch viele Stunden ohne extremen Wahnsinn auskommen musste. Schade eigentlich. Er setze zur Antwort an:

"Mein Name ist Nesu. Habt Dank, dass Ihr mir die Ehre dieser Unterredung gewährt. Doch ich will Euch nicht unnötig Zeit stehlen, also lasst mich antworten."
Das klang doch gar nicht mal schlecht...

"Nun, bezüglich der Ordensstruktur habe ich nur ein wenig in der Stadt in Erfahrung bringen können. Es gibt je einen für Magier und Gelehrte, einen für Krieger und einen für Handwerker. Wer jedoch den Orden jeweils vorsteht, weiß ich nicht. Auch bin ich mir noch unsicher, welcher Orden am besten zu mir passen könnte. Es tut mir leid, wenn mein Wissen diesbezüglich lückenhaft ist."

Soweit so gut. Viel mehr wusste er tatsächlich nicht, besonders redsam waren die Fremden in der Taverne nicht gewesen.

"Ihr möchtet wissen, was ich der Gilde bieten kann? Nun, ich bin ein passabler Stabschmied und ebenso ein recht guter Magier. Besonders die Feuermagie beherrsche ich gut. Allerdings kann ich besonders meine zukünftigen Fähigkeiten in die Waagschale werfen, so wird man Stäbe aus Eibe sowie einen Luftmagier sicher zu schätzen wissen. Oder meintet Ihr vielleicht etwas anderes als meine Fertigkeiten in Kampf und Handwerk?"

Er überlegte, wen er aus der Gilde eventuell schon getroffen hatte. Seine Erinnerungen vor seiner Zeit als Anhänger Kordans waren etwas nebulös, fast als koste ihm seine erweiterte Wahrnehmung der Welt einen ungetrübten Blick auf seine Erinnerungen. Doch dann fiel es ihm ein:

"Ich glaube, Sirana Schattenmond müsste ich am besten von allen Mitgliedern kennen, fragt sie ruhig nach mir. Noch bevor sie sich der Gilde anschloss, kämpften wir zusammen vor den Toren einer anderen Stadt. Erst kürzlich schrieben wir wegen einem Platz in einer Jagdgruppe hier in der Stadt. Dies war der Grund, weshalb ich überhaupt hierher kam."

Jagden vor Yath d'Oloth? Etwas schwerfällig kamen die Erinnerungen zurück:

"Zusätzlich war ich vor ein paar Monaten schon einmal in dieser Stadt und war auf der Jagd mit einigen aus Eurer Gilde. Vielleicht erinnert man sich noch an mich, auch wenn ich nur für ein paar Tage blieb.

Wieso ich mich so abrupt bewerbe, kann ich Euch nicht wirklich erklären. Ich folgte mehr einer Hoffnung als einem Plan. Wisst Ihr, ich sehe seit einigen Tagen die Magien dieser Welt, ich spüre, dass ich in meinem Kopf nicht mehr allein bin. Ich hatte die Hoffnung, dass es in Eurer Gemeinschaft vielleicht jemanden gibt, der mich leiten kann. Jemanden, der mir helfen kann, diese Gabe zu nutzen und zu kontrollieren."

Klang das wahnsinnig? Nein? Tatsächlich, es war ein klarer Moment. Er sollte ihn nutzen. Er besah sich den Priester genauer. Diese Linien auf seinem Gewand... eine Magie, die er noch nicht gesehen hatte. Ob er fragen sollte, woraus das Gewand bestand? Vielleicht später? Dann sah er, wie ihn der Hohepriester anblickte.

"Wisst Ihr, genau diesen Blick, mit dem Ihr auf mich niederschaut, suche ich zu vermeiden. Ich mag nicht ganz bei Sinnen sein, ich habe schließlich einen sechsten hinzubekommen, aber es wäre doch durchaus angenehmer, wenn diese Blicke mich nicht gleich bei der ersten Begegnung durchbohrten."

Nicht, dass ihn diese Blicke immer sofort stören würden. Drachen wurden ständig mit Abscheu angestarrt. Aber er war nicht nur Drache...
Pikiert blickt er zu Kordans Statue und dann auf den Boden, auf eine Antwort wartend.

Zreniax musterte Nesu, was den Halbelf nervös machte. Er konnte also Magie sehen..? Der Hohepriester überlegte, er kannte viele Magier die meinten die Magie an einem Ort oder in einem Gegenstand spüren zu können, das kribbeln der Energie, welche nicht jeder in der Lage ist zu kontrollieren. Aber noch nie hatte er davon gehört das jemand die Magie sehen konnte... Wie sollte man sich das vorstellen? Waren es Farben oder leuchtete die Magie? War der Mann vor ihm so verwirrt das er vielleicht nur einen Feuersturm meinte den ein Magier erzeugte?
Auf jedenfall war es eine Gabe die man sich nutzbar machen sollte. Zreniax dachte an die vielen Schwindler die es gab, welche Artefakte aus der Zeit vor oder während der Elascar verkauften. Mit der Gabe die Magie zu sehen konnte man sich viel Ärger ersparen. Man könnte den Halbelfen also als Einkäufer benutzen... Sollte er sich dagegen entscheiden ein Mitglied des Zirkels zu werden. Die Zunft würde sich sicherlich freuen einen erfahrenen Stabschmied in ihren Reihen begrüßen zu können. Vielleicht wäre er auch für die Priesterschaft interessant, Kordan schien ihn mit einer Gabe gesegnet zu haben, welche nur selten so stark ausgeprägt ist.

"Ihr sagt ihr wollt euch uns anschließen um geleitet zu werden, in welcher hinsicht könnten wir dies tun? Sucht ihr Hilfe dabei euer handwerk zu meistern? Sucht ihr ihr Wissen um eure magischen Fähigkeiten auszubauen? Benötigt ihr Rat was euer Leben mit Kordans Gabe betrifft?
Wir könnten euch in vielerlei Hinsicht Hilfe, Rat und Führung geben. Aber um zu wissen ob wir uns mit euch nicht eine schwere Last aufbürden erzählt mir davon das ihr glaubt nicht mehr alleine in eurem Kopf zu sein. Was meint ihr damit?"

Der Hohepriester wandte seinen Blick von Nesu ab und betrachtete einen Wandteppich und dessen Muster.

Als sich der Hohepriester wieder abwandte, wusste Nesu nicht, ob er ihm damit Desinteresse oder gar Ablehnung signalisieren wollte. Etwas unsicher, ob er sprechen sollte, wartete Nesu einige Augenblicke ab. Da allerdings die Wand interessanter zu sein schien als er, setze er einfach zu einer Antwort an.

Hm... Ich denke, Ihr könntet mich theoretisch in all den von Euch genannten Punkten unterstützen. Als am dringlichsten erachte ich allerdings die Kontrolle meiner Gabe, nicht, dass sie vom Grotesken ins Gefährliche abgleitet.

Auch wenn das durchaus auch lustig wäre, dachte Nesu bei sich. Es gäbe da so einige Leute, bei denen seine Gabe als willkommene Ausrede für einen Angriff sein könnte. Halt, was dachte er dort überhaupt?

Danach würde ich Euch gern mit Magiestäben unterstützen. Ich weiß schon einiges über diese Stäbe, nur über Eibenstäbe konnte man mir bisher noch nichts an der Akademie lehren. Allerdings halte ich nicht viel von der Akademie oder Lehrern, bisher habe ich mir die Fähigkeiten immer im Selbststudium aneignen können, was allerdings einiges an Holz verschlissen hat...

Wollte das ein Hohepriester wirklich hören? Wohl kaum.
...Aber ich schweife ab, verzeiht. Bezüglich meiner magischen Fähigkeiten darf man mich ruhig unterrichten, als Halbelf habe ich nicht unbedingt eine besondere Begabung für die Luftmagie, welcher ich mich im Moment widme. Vielleicht wäre ein reinblütiger Elf dort als Lehrer nicht ungeeignet. Mein Handwerk ist mir allerdings lieber als der Kampf, schließlich möchte ich lieber noch ein paar Tage mehr leben und ich hörte von ungeheuer mächtigen Kriegern in diesen Landen

Er dachte an all die Drachen, die sie umbrachten. Selbst vor Kindern machten sie nicht Halt. Eine tiefe Trauer überkam ihn, ob der in ihm wohnende Drache wohl selbst Kinder verloren hatte? Er wusste definitiv zu wenig über Drachen.

Gern würde ich aber auch noch mehr über Kordan erfahren. Ich weiß nur so viel, wie jeder auf der Straße auch. Aber diesbezüglich habe ich wohl schon den richtigen Ansprechpartner vor mir stehen.

Da er nicht wusste, was er noch sagen sollte, wartete er auf eine Reaktion des Priesters.

"Nun, das ist ein ganze Fülle von Dingen bei denen ihr Führung verlangt. Beschreibt mir eure Gabe, vielleicht ist sie bereits in das Gefährliche abgeglitten. Auch wird es nicht ratsam sein wenn ihr all unsere Holzvorräte verbraucht in dem ihr versucht Magie in sie zu binden.
Aber das hat Zeit."

Der Hohepriester sah sich seinen Besucher noch einmal an und versuchte ihn einzuschätzen.

"Ihr scheint ein paar kleine Schwierigkeiten zu haben, jedoch sehe ich weder Falschheit noch Betrug in euch. Ich sehe Unwissenheit, die wir gegen Wissen tauschen können, Verwirrtheit die wir durch Klarheit ersetzen können. Soweit dies bei jemanden der den Gott des Wahnsinns verehrt überhaupt möglich ist. Ich werde Maresa von euch in Kenntnis setzen, sie ist die Leiterin der Gilde und die Stadtherrin. Nur sie kann entscheiden ob ihr aufgenommen werdet. Ich werde ihr meine Empfehlung aussprechen, aber um ein persönliches Gespräch mit ihr werdet ihr sicherlich nicht herum kommen.

Nun geht und wartet auf den Boten der euch erwartet. Oder sucht das Gebet zu Kordan. Meine Zeit ist begrenzt und unsere Unterredung fürs erste beendet."

Das ging ja einfach, dachte Nesu bei sich, als er unter einer angedeuteten Verbeugung zurückzog, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Die Verabschiedung oder vielmehr seine Entlassung erschien ihm doch deutlich genug und der Priester nicht auf Floskeln oder ähnliches Bedacht.
Ein letzter Blick galt der Statue Kordans. Blinzelte sie ihn an? Nein, wohl kaum. Steine machen so etwas für gewöhnlich nicht.
Als er den Tempel verlassen hatte, fühlte er sich plötzlich frei, die letzten Stufen übersprang er, die Arme wie im Flug geweitet. Wie ein Drache!

Weniger drachenhaft war allerdings seine Landung, bei der sein Fuß umknickte. Vom Schmerz wieder in die Realität befördert, grummelte Nesu ein paar Verwünschungen, als er sich seinem Knöchel widmete. Das würde wieder heilen.
Er besah seine Umgebung, die Magie waberte in ihren verschiedenen Spielarten. Besonders Katzen konnte man gut erkennen, jüngere hatten neun Wirbel, deren Zahl mit zunehmendem Alter abnahm. Ob daher die Redensart stammte... Er wusste es nicht. Es erstaunte ihn aber, dass die Magie bisher jedes ihrer Klischees erfüllte.
Mit diesen Gedanken ging er zur Werkstatt, wo er auf einen Boten warten würde.

Seine Bretter waren weg. Alle weg. Etwas bestürzt starrte Nesu den Boten an, von dem er eigentlich eine Nachricht über sein Treffen mit Maresa erwartet hatte. Wieso ausgerechnet die Eschenbretter? So kurz, bevor die Akademie ihm die Erlaubnis zur Herstellung von Eibenlanzen geben wollte?
Er tobte.
Als er fertig war, sah er sich die Werkstatt erneut an. Holz gab es dort nun wieder genug, allerdings mehr in Splittern und angekohlt, er hatte die Feuerrute an einer Werkbank zerschlagen, was in einer kleinen Explosion endete. Was sollte er nun tun? Und wieso bestellte ihn die Gildenleiterin nicht zu sich? Hatte man ihn vergessen? War er nicht sogar schon mit ihr jagen gewesen. Er wusste es nicht.
Aber zulassen, dass man ihn vergaß? Sicher nicht! Wozu hatte er denn gerade die Werkstatt zerlegt?!

Mit aufkommendem Eifer lief er los. Als er nach einer halben Stunde merkte, dass er nicht genau wusste, wohin, fragte er jemanden nach dem Weg. Verschwitzt und mit Wahn in den Augen, antwortet ihm niemand. Eine Mutter packte ihr Kind an der Hand und zog es eilig fort, andere schauten ihn unsicher an. Unsinniges Pack! Er setzte sich in den Schatten einer Gasse. Wo könnte sich Maresa wohl aufhalten...

Gleißendes Licht! Es brannte, brannte in seinen Augen, in ihm. Er wollte schreien, toben, wüten.
Er entschied sich aber, das zu lassen.

Doofer Drache, dachte Nesu. Irgendwie kam er mit dem Aufwachen nicht besonders gut zurecht. Eingeschlafen in einer Gasse... Wofür sollte man ihn halten?

Er war unentschlossen, aber wie viele Frauen gab es schon in dieser Stadt? Vielleicht sollte er einfach ein paar fragen, ob sie nicht zufällig Maresa waren. Keine gute, aber immerhin eine Idee.

Wieder auf der Straße lief er auf die nächstbeste Frau zu, sie hatte den Rücken ihm zugewandt.

"He, Sie dort drüben! Sind Sie vielleicht Maresa? Oder wissen Sie, wo ich sie finden könnte?"

Rüpelhaft? Gewiss. Aber er war zum einen gerade aufgestanden und zum anderen konnte das unmöglich Maresa sein. Was gab es also zu verlieren.
Er wartete darauf, dass die Frau sich umdrehte.

Der Klang ihres Namens ließ die Ratsherrin der Tenebrae den Kopf heben. Den Ursprung der Stimme suchte und fand sie; ein Kerl mit kurzem Haar, das gerade eben die Ohren verdeckte. Sie erkannte zweierlei, als sie sich ihn von weitem Besah: Elf. Und Wahnsinn. Er wirkte wie ein verrückter Penner, es fehlte nur noch der Geifer in den Mundwinkeln. Mit leicht aufgerissenen Augen sprach er eine Frau an, die mit einem Korb roter Früchte scheinbar des Marktes wegen hier war. Neugierig wechselte Maresa von ihrem Kurs in Richtung des Kerls, dessen Gesicht ihr so bekannt vorkam. Hatte er vielleicht einmal in der Laterne am benachbarten oder selben Tisch gesessen, oder war er auch Steinmetz, Bediensteter des Ratshauses, Konstrukteur - oder einer der vielen, die sich einmal auf der Jagd angeschlossen hatten? Sie konnte das Gefühl des Vertrautseins nicht zuordnen, doch der irre Blick, der die andere Frau abzuschrecken schien, zog sie geradezu an. Sie vergaß ihr Vorhaben, Grandrog würde noch etwas warten können, was war er schon anderes von ihr gewohnt. Und was brauchte er sie schon beim Verfassen seiner überflüssigen Schriebe, die ihr doch nur mehr Frust abverlangten, als gut war. Sie stellte sich mit einem Räuspern direkt vor den Fremden und drängte die Angesprochene, die eben zu einer stammelnden Antwort angesetzt hatte, damit grob beiseite. Die schien über diese Gelegenheit jedoch mehr als erleichtert und nutzte sie; angetrieben von dem Stoß und mit schnellem Schritt eilte sie davon. "Wer sucht mich?"

Was für ein Zufall! Er konnte sein Glück kaum fassen, er tapste etwas unbeholfen auf die Frau zu, legte den Kopf schief und musterte sie. Dann fiel im ein, dass er ein wenig wie ein Verrückter aussehen musste. Genau so sollte es sein! Man hat schließlich einen Ruf zu wahren, dachte er bei sich, als er zu einer Antwort ansetzte.

"Ich, Nesu, suche Euch! Zreniax sagte mir, ich würde kontaktiert bezüglich meiner Bewerbung um Eintritt in Eure Gemeinschaft. Leider habe ich wochenlang vergeblich gewartet. Ich hatte gehofft, bei der Leiterin der Gilde etwas zu erfahren.
Ich hoffe, Ihr habt schon von mir gehört?"

Irgendetwas hatte er sich doch in den letzten Wochen überlegt? Bezüglich seines Beitritts? Seine Suche hatte ihn müde gemacht.

"Bezüglich der Orden habe ich in der Werkstatt ein paar Leute gefragt."
Das war eine Lüge. Er hatte sie gejagt und erlegt, angebrüllt und freigelassen. Zugegebenermaßen war der von ihm gemietete Bereich der Werkstatt danach ständig leer, weshalb er jetzt in der Forstanlage Baume abbrannte.
"Ich denke, ich würde mich gern der Zunft anschließen, ich war mir aber nicht sicher, ob ich dort schon vor meiner offiziellen Aufnahme in die Gilde vorstellig werden sollte oder nicht."

Er klang gar nicht so verrückt. Er sollte noch ein wenig verrückter wirken. Er sah mit den Augen des Drachen, sah, dass Maresa kaum Magie besaß, so als würde sie sie absichtlich unterdrücken. Das hatte er noch nie gesehen. Nur bei einigen tumben Tauren, aber das behielt er lieber für sich. Ob sie wohl einen Taurenvater hatte? Was für ein Unsinn...
Leider hatte ihn diese ungewöhnliche Magieaura wieder in die Wirklichkeit zurückversetzt. Nun, dann eben warten, dachte er sich und wartete folgerichtig auf eine Antwort.

Sein Gegenüber zog bloß die Brauen hoch und musterte ihn noch eine Weile, bevor sie zu einer Antwort ansetzte. Das war dieser Kerl, der Kordan anbetete, wenn sie nicht irrte. Oder hatte Zreniax gesagt, er trage seinen Geist in sich? So wie er vor sich hin glotzte, konnte das durchaus sein.. "Hat dich der Bote nicht gefunden?" Hatte sie überhaupt einen los geschickt? Sie erinnerte sich nicht mehr, doch Gran würde sie danach nicht fragen können. Folgen würde neben einer eventuellen Frage nämlich bloß eine elend lange, ermüdende Rede voller Vorwürfe. Vielleicht musste dem Zwerg noch einmal klar gemacht werden, wem er diente und was er sich zu erlauben hatte. Andererseits war er ihr beinah schon wie ein Kamerad geworden, da durfte er sich derlei wohl rausnehmen. Sie seufzte innerlich.

"Zreniax hat sich für dich ausgesprochen, das mag wohl was heißen. Bewirb dich bei einem der Orden, in dem Fall wohl bei Arithon als Oberster der Zunft. Und richt' einen Gruß aus. Ich war vor einer Woche in Umbra, er soll seinen Dreck dort aufräumen. Man kann die verdammte Wiese immer noch nicht betreten.." Ihr war sichtlich egal, ob Nesu den Hintergrund ihrer Worte verstand. Ausrichten konnte ers wohl auch so. Trotz ihrer sonst recht kühlen Art schenkte sie ihm zu der Nachricht ein kurzes Lächeln und streckte ihm die Hand entgegen. "Dann heißts wohl #willkommen in der Gilde'."

"Ja, natürlich, habt Dank. Ich werde mich sofort auf den Weg machen."

Mit diesen Worten lief er von dannen. Den Teil, den er ausrichten sollte, hatte er nicht ganz verstanden. Arithon lag dreckig in Umbra? Wieso? Musste er jetzt nach Umbra reisen, um sich zu bewerben? Oder war er immer noch hier, hatte aber Dreck aus Umbra mitgebracht?
Wozu der Dreck?

Egal, er würde einfach irgendetwas sagen. Er machte sich auf seinen Weg.